Zauberphilosophische Vorlesungen

vhs.jpgDie Basis für diese Veranstaltungsreihe ist Andinos Programm „PHILOZAUBER solo“, in dem die Geschichte der Philosophie erzählt und jeder Gedanke mit Hilfe der Illusionskunst illustriert wird. In den zauberphilosophischen Vorlesungen werden diese Gedanken nun vertieft behandelt, wobei die Zauberkunst lediglich manche sehr abstrakte Stelle verdeutlicht.

1.Die Suche nach dem Ursprung

Die ersten Philosophen in Jonien und Milet fragten zunächst danach, wo alles herkäme und hinginge und ob es einen Urstoff gebe, aus dem alles gemacht sei. Diese Suche nach der Arché werden wir von Thales bis zu Pythagoras, der sich als erster Philosoph nannte, sowie den chinesischen Denkern von Jin und Jang und des Dao verfolgen. Ein spannendes Kartenkunststück wird uns dabei das philosophische Staunen verdeutlichen, das das Denken dieser ersten Philosophen prägte.

2.Die Figur des Sokrates

Sokrates erfand die Philosophie sozusagen neu, weshalb wir alle griechischen Denker vor ihm als Vorsokratiker bezeichnen. Er erfand aber nicht nur die Philosophie neu, indem er die Frage nach dem „Was“ der Dinge in den Mittelpunkt stellte, sondern er erfand damit auch einen neuen Philosophentyp, nämlich den des Spielverderbers, der alle Befragten mit seinem beharrlichen Fragen an ihre Grenzen trieb. Und damit gibt es auch eine neue Gemeinsamkeit von Philosophie und Zauberkunst: die Irritation, die Infragestellung alles scheinbar so sicher Geglaubten und Wahrgenommenen. Sokrates selbst ist dabei nur als literarische Figur aus den Zeugnissen anderer, vor allem von Platon, greifbar, da er selbst nichts Schriftliches hinterlassen hat.

3.Aristoteles contra Platon – ein folgenreicher Streit

Die Einwände von Aristoteles gegen die Ideenlehre Platons bilden den Ausgangspunkt einer der wichtigsten Streitfragen der abendländischen Philosophie. Im Kern geht es darum, ob die Welt ein geordnetes Ganzes darstellt, dessen Strukturen sich bereits bei der Geburt in unserem Kopf befinden (Platon) oder ob wir mit Hilfe unseres Verstandes als reinem Instrument der Welt erst sinnvolle Strukturen geben, sie also nach unseren Ideen ordnen (Aristoteles). Diese Frage werden wir über das Mittelalter (Universalienstreit) und die frühe Neuzeit (Rationalisten contra Empiristen) bis zu Kant verfolgen, der mit seiner „Kritik der reinen Vernunft“ die Fragestellung nachhaltig veränderte. Und ein Zaubertisch ist ein wunderbares Beispiel, um dieses Grundproblem der abendländischen Philosophie zu verstehen…

4.Jesus als Philosoph

Jesus von Nazareth einmal nicht als den Christus, sondern als ernstzunehmenden Philosophen zu betrachten, der ein ethisches System vorgelegt hat, nach dem es sich zu leben lohnt, auch wenn man nicht religiös ist, ist nicht ganz neu, aber doch sehr selten. Andino wird in dieser vierten zauberphilosophischen Vorlesung einen ganz anderen Jesus vorstellen, als wir ihn normalerweise kennen. Nicht der Religionsstifter sondern der vielleicht größte narrative Moralphilosoph, der jemals gelebt hat, wird hier im Mittelpunkt stehen. Gezaubert wird dabei ausnahmsweise nicht, aber dennoch spielt die Illusionskunst eine wichtige Rolle, denn Jesus und die Zauberkünstler haben ein gemeinsames Problem…

5.Die Suche nach dem Glück im Hellenismus

Nach der großen Klassik mit Sokrates, Platon und Aristoteles fallen die Philosophen das erste Mal in der Geschichte des Abendlandes in ein Loch. Da Platon und Aristoteles beide die Welt sehr erschöpfend und auf extrem hohem Niveau erklärt haben und sich dabei auch noch gegenseitig widersprachen, kann man nicht einfach so weitermachen. Und so wenden sich die Philosophen einer bis dahin eher vernachlässigten Frage zu, eben der nach dem Glück und dem richtigen Leben inmitten einer Welt mit Katastrophen und Schicksalsschlägen. Mit ihren verschiedenen Antworten auf diese Frage gehen die Philosophen auch auf die Marktplätze und werden so zu Kollegen der dort bereits lange auftretenden Gaukler. Diese Antworten von Stoikern, Epikuräern, Kynikern und Skeptikern werden wir uns einzeln ansehen und miteinander vergleichen.

6.Augustinus und das Problem des Christentums

Aurelius Augustinus kann sowohl als der letzte Denker der Antike als auch als erster Philosoph des Mittelalters gelten. Von Ausbildung und Herkommen noch ganz in der Antike fußend, eignet sich seine Philosophie doch auch hervorragend, um in die durch das Christentum völlig veränderte Denkwelt des Mittelalters einzuführen. Deshalb werden wir auch nicht bei Augustinus selbst stehen bleiben, sondern von ihm ausgehend uns die grundlegenden Probleme mittelalterlicher Philosophie erschließen. Bei kaum einem anderen Denker werden aber auch die Schwierigkeiten des christlich-philosophischen Ansatzes so deutlich, weshalb auch über die Probleme des Christentums ausführlich zu sprechen sein wird. Und zaubern wird diesmal Augustinus selbst, denn schließlich hat er in der Antike bereits die Zeit verschwinden lassen – rein gedanklich natürlich.

7.Nikolaus von Kues – der deutsche Sokrates

Was für Augustinus als Schwellendenker zwischen Antike und Mittelalter galt, das gilt für Nikolaus Cusanus genauso an der Schwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit. Von Ausbildung und Herkommen noch ganz im Mittelalter fußend, gilt er inzwischen den meisten Philosophiehistorikern als Wegbereiter der Neuzeit – mit allen Problemen, die sich dabei neu auftun. Aber auch ein Vergleich mit anderen Denkern wie Sokrates (durch seinen Grundbegriff der docta ignorantia)  oder gar Buddha (durch seinen Begriff der coincidentia oppositorum) drängt sich bei ihm auf. Und gleich mehrere seiner Gedanken verlangen geradezu nach einer zauberischen Interpretation.

8.Probleme neuzeitlichen Denkens

Dass sich das neuzeitliche Denken vom „finsteren Mittelalter“ befreit habe und nun zu neuen Ufern aufbricht, ist ein weit verbreitetes Missverständnis. So beginnt z.B. die Hexenverfolgung erst richtig nach dem Ende des Mittelalters. Und in der Philosophie wird alles erst einmal viel schwieriger, was uns ein Zauberkunststück zum Leib-Seele-Problem sehr gut demonstrieren kann. Aber natürlich geschieht auch viel Neues in der Philosophie des 16. und 17. Jahrhunderts, was bis heute unser Bewusstsein und auch unser gesellschaftliches Zusammenleben prägt. Ohne Denker wie Descartes oder Leibniz sähe unsere Wissenschaft heute ganz anders aus und ohne Hobbes und Locke würden uns die theoretischen Grundlagen moderner Staaten fehlen.

9.George Berkeley und „Sophies Welt“

Der irische Bischof George Berkeley ist der Schlüsselphilosoph zum Verständnis des ersten und bisher einzigen Romans über die Geschichte der Philosophie („Sophies Welt“) von Jostein Gaarder, denn Gaarder, der übrigens ein großer Verehrer der Zauberkunst ist, probiert in dem Buch selbst die Theorie von Berkeley aus. Deshalb wird an diesem Abend nicht nur zu Berkeley gezaubert, sondern auch über Gaarders eigene Annäherung an diesen großen Denker auf der Schwelle vom 17. zum 18. Jahrhundert ausführlich zu sprechen sein – nicht nur in „Sophies Welt“. Mit dem Slogan „die Welt im Kopf (Gottes)“ könnte man Berkeleys Philosophie zusammenfassen und uns wird an diesem Abend vor allem die Frage nach dem Realitätsgehalt nur erdachter Figuren beschäftigen.

10. Immanuel Kant: Abschluss und Neubeginn

Mit Immanuel Kant ist ein großer Höhepunkt philosophischen Denkens erreicht und nach ihm muss das Denken in einer anderen Form weiter gehen. Alle Probleme, die er systematisch behandelt, schließt er mit einer kreativen „Lösung“ ab und verändert so die Fragestellung fast aller philosophischen Themen derart, dass nach ihm deren Diskussion vollkommen verändert wird. Auch wenn vielen seine „Lösungsvorschläge“ nicht weit genug gehen, ist er als Meilenstein philosophischen Denkens doch niemals zu umgehen. Während uns sein Kategorischer Imperativ sicher etwas ärgern wird, wird uns vielleicht ein interessantes Zauberkunststück wenigstens sein „Ding an sich“ etwas näher bringen…

11.Von Hegel zu Schopenhauer – und wieder suchen alle den Schlüssel

Das 19. Jahrhundert ist das Jahrhundert der großen philosophischen Systeme. Fichte, Schelling, Hegel und Schopenhauer suchen alle nach dem Schüssel, mit dem sich die Tür zum Verständnis der Welt öffnen lässt – mit allen Problemen, die sich aus solchen umfassenden Ansätzen ergeben. Damit kehren die Denker dieser Zeit wieder zurück zum Anfang philosophischen Fragens, als die Suche nach einem Urstoff oder Urprinzip die ersten Philosophen beschäftigte. Dabei ist der Grundgedanke solcher Systeme oft sehr einfach und schnell zu erklären – und gut durch Zauberkunststücke zu illustrieren.

12. Karl Marx und die soziale Frage

In der Mitte des 19. Jahrhunderts werden auch die Philosophen durch die industrielle Revolution und die damit aufkommende soziale Frage vor ganz neue Probleme gestellt. Neben Marx, der die Philosophie zugunsten von Soziologie und Ökonomie auflösen möchte, gibt es viele andere Denker von den Anarchisten bis zu den utopischen Sozialisten, die von einer neuen, besseren und vor allem gerechteren Gesellschaft träumen. Und dieser Traum von etwas mehr Gleichheit ist eine neue Verbindung zur Illusionskunst.

13.Das Problem des Verstehens

Die hermeneutische Fragestellung wird von Schleiermacher begründet, von Dilthey zu einem ersten Höhepunkt geführt und von Gadamer im 20. Jahrhundert mehr oder weniger vollendet. Im Kern geht es vor allem darum, wie wir wissenschaftlich mit geistigen Produkten umgehen können und wie sich dieser Umgang von den Forschungsmethoden der Naturwissenschaften unterscheidet. Das Verstehen wird dabei dem Erklären entgegen gestellt, eröffnet damit aber vollkommen neue Probleme, die gerade bei einer Zaubervorstellung sehr deutlich werden.

14.Was ist, macht, kann, darf und soll die Wissenschaft

Im 20. Jahrhundert fallen die Philosophen zum dritten Mal in ein Loch, denn die großen Systeme des 19. Jahrhunderts sind nicht mehr glaubwürdig oder haben sich selbst ad absurdum geführt – vor allem durch aus ihnen abgeleitete totalitäre politische Systeme. Infolgedessen trauen sich die Philosophen nicht mehr an komplette Welterklärungen heran, sondern wenden sich lieber interessanten Einzelproblemen zu. Eines davon ist die Frage, wie Wissenschaft funktioniert und warum die Naturwissenschaften so erfolgreich werden konnten. Damit aber hängt auch gleich die Frage nach ethischen Grenzen für die Wissenschaft zusammen und ihrem Stellenwert in der menschlichen Gesellschaft. Und die oft sehr abstrakten Gedanken dieser Wissenschaftstheorien verlangen manchmal geradezu nach einem Zauberkunststück, das sie etwas verständlicher werden lässt.

15.Von der Philosophie der Existenz zur Existenzfrage der Philosophie

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kommt die Philosophie der Existenz auf und am Ende dieses so konfliktreichen Jahrhunderts wird auch die Existenzberechtigung der Philosophie immer fragwürdiger. Allerdings gibt es auch Gegentrends und ganz neue Darstellungsformen philosophischen Denkens, zu denen auch die Zauberphilosophie gehört. Dieser Entwicklung wollen wir nachgehen und wieder wird es ein Zauberkunststück sein, das uns gerade die am Ende des letzten Jahrtausends vorherrschenden Theorien der Postmoderne und des Konstruktivismus verdeutlichen wird.

16. Lachen und Humor als philosophische Probleme

Für einen Zauberphilosophen wie Andino ist der Humor natürlich eines der wichtigsten philosophischen Probleme überhaupt, denn schließlich lebt ein Zauberkünstler auch immer mit davon, sein Publikum nicht nur zum Staunen sondern eben auch zum Lachen zu bringen. Deshalb soll es in dieser Zauberphilosophischen Vorlesung um die Frage gehen, wie man Menschen mit Witzen und Pointen zum Lachen bringen kann und welche Rolle der Humor im menschlichen Leben spielt. Tatsächlich haben sich von Aristoteles bis Bergson fast alle großen Philosophen zu diesem Thema geäußert, aber diesmal wird es zum ersten Mal auch um eigene Thesen Andinos zu diesem so wichtigen Problem gehen.

17. Magisches Denken

Den Begriff eines Magischen Denkens herauszuarbeiten, dürfte eine der vornehmsten Aufgaben für einen Zauberphilosophen sein. Deshalb wird Andino auch dazu eigene Thesen vorstellen und vor allem danach fragen, ob es so etwas überhaupt gibt, wie gefährlich ein Magisches Denken sein kann und ob wir uns nicht alle mehr oder weniger und immer wieder in magischen Denkstrukturen verfangen – in der Wissenschaft, der Religion oder einfach im Alltag. Ein spannendes Pendelexperiment kann alle diese Probleme eindrucksvoll verdeutlichen und direkt erfahrbar machen.

18. Skepsis

Die Grundthese dieser Zauberphilosophischen Vorlesung ist die von einer skeptischen Grundstruktur der abendländischen Philosophie. Das skeptische Hinterfragen allen bisher als sicher Angenommenen stellt bereits den Beginn der Philosophie dar und das nicht nur historisch sondern immer wieder. In der Wissenschaft wurde der Zweifel als grundlegende Methode etabliert und dies dürfte ein Grund für den ungeheuren Erfolg der abendländischen Kultur sein und natürlich ist es gerade die Zauberkunst, die immer wieder zur Skepsis gegenüber der eigenen Sinneswahrnehmung aufruft.

19. Utopie

Für einen Künstlerphilosophen ist der Begriff der Utopie ebenfalls von besonderer Bedeutung. Hier wird Andino in Abgrenzung zum bisherigen Verständnis und unter Rückgriff auf die eigentliche Wortbedeutung (Nicht-Ort) einen neuen und sehr aktuellen Utopie-Begriff entwickeln, der zusammen mit der Skepsis vielleicht sogar zu einer philosophischen Lebenshaltung führen kann. Also auf nach Skeptopia!