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Porträt Markus Melchers; arbeitsmarkt BildungKulturSozialwesen vom 15.10.2013
„Sinn auf Rädern“ heißt das Unternehmen von Markus Melchers, mit dem er sich vor 15 Jahren selbstständig gemacht hat. Melchers ist Philosoph durch und durch. Auch wenn man ihm das auf den ersten Blick nicht ansieht. Die Klischees, die viele Nicht-Philosophen von den Nachfolgern Aristoteles` und Co. im Kopf haben, erfüllt er ganz und gar nicht. Er trägt weder einen weißen Rauschebart, noch macht er den Eindruck, sich am liebsten alleine hinter seinen Büchern zu verkriechen. Und er redet so, dass man ihn versteht, ohne dafür Philosoph zu sein. „Philosophie ist kompliziert genug“, sagt er. „Dann muss man nicht noch kompliziert sprechen.“

Und dennoch: Melchers lebt Philosophie – ein Fachgebiet, das ihn schon als Junge gereizt hat. „Mit 14 wusste ich, dass ich Philosoph werden wollte“, sagt er. Ein ungewöhnlicher Berufswunsch für einen Teenager, der zuvor die Idee hatte, Verhaltensforscher zu werden. Der Schwenk zur Philosophie kam durch die Antwort seines Vaters auf eine Frage, an die sich Melchers heute gar nicht mehr erinnert. „Aber mein Vater antwortete: `Das kannst du nachschauen.´“ Markus Melchers recherchierte, hakte nach  und hinterfragte. Nach dem Abitur entschied er sich für ein Philosophiestudium. „Ich habe damals gedacht, dass ich wissenschaftlich arbeiten möchte“, berichtet er. „Aber dann liefen meine Vorstellungen von dem, was Philosophie sein kann mit denen der Uni auseinander.“

Melchers überlegte sich, dass diese Fachdisziplin auch außerhalb der Hochschule einen Platz haben müsste. „Denn jeder Mensch hat bestimmte Fragen, die er sich stellt.“ Die Ideen für seinen Berufsweg hatte er früh. Aber er wollte sie erst einmal reifen lassen, machte beruflich etwas ganz anderes, wie er heute erzählt, ehe er dann mit 35 den Sprung in die Selbstständigkeit wagte. „Ich wollte mit Menschen dort Philosophie machen, wo sie sich sicher fühlen.“

Am 1. Januar 1998 rief er darum sein Unternehmen „Sinn auf Rädern“ ins Leben. Seit dem fährt Melchers zu den Ratsuchenden, die er Gastgeber nennt. Er trifft sie bei ihnen zu Hause, geht mit ihnen spazieren, fährt sogar mit ihnen Zug, hört zu, denkt mit und sucht gemeinsam mit den Ratsuchenden nach Lösungen. In ganz Deutschland ist er unterwegs, sprintet von Termin zu Termin, von Gastgeber zu Gastgeber, führt Vorträge und lädt zu Philosophie-Cafés ein.

Auch wenn die Menschen, die Melchers zu sich einladen, um mit ihm zu reden und zu überlegen sich häufig in Situationen befinden, in denen sie eine Lösung suchen, hebt der Philosoph hervor, dass sich seine Arbeit stark von der eines Psychotherapeuten unterscheidet. „Ich arbeite nicht defizitorientiert und suche nicht nach verborgenen Motiven“, skizziert er die Unterschiede zur Psychotherapie. „Bin ich gescheitert, weil ich im Beruf noch nicht das erreicht habe, was ich erreichen wollte?“ Es sind Fragen wie diese, die die Menschen, die Melchers zur Beratung hinzu ziehen, bewegen. „Ich biete verschiedene Perspektiven an. Ich sage zum Beispiel, wäre ich Aristoteles, würde ich nun das und das sagen“, erklärt Melchers, der sich selbst als ernsthafter Mensch bezeichnet.

Er liest viel, denkt viel nach – Dinge, die sein Beruf mitbringt. Melchers kann von seiner Beratungstätigkeit gut leben. Aber das sei nicht immer so, wie er betont. Für junge Philosophen, die sich selbstständig machen möchten, hat er Ratschläge. Etwa, dass die Absolventen nicht unmittelbar nach dem Studium diesen Weg einschlagen sollten. „Viele haben gar nicht auf dem Schirm, was hinter einer Selbstständigkeit steckt“, sagt er. Denn neben der Überlegung, was eine Beratungsstunde überhaupt kosten müsste, um davon leben zu können, gehören viele andere Dinge dazu. „Die Absolventen sollten sich bewusst machen, was an ihrer Idee außergewöhnlich ist und was sie können, was andere eben nicht können.“ Auch das richtige Hintergrundwissen sei wichtig, um ernst genommen zu werden. „Dazu gehören etwa auch historische Zusammenhänge, man sollte bekannte Theaterstücke kennen, sich mit den Klassikern auskennen.“
Daniela Lukaßen
      © Sinn auf Rädern/BelKom