Zeit zum Zuhören und Mitreden. General-Anzeiger Bonn vom 25.09.2003 |
UNTERHALTUNG Isobel Frost-Ohm lädt zum "Philosophischen Salon". Kein Zirkel für Experten. Von Mathias Nofze Im Wohnzimmer sei genug Platz, ist sich Isobel Frost-Ohm sicher. "Wir haben hier schon Partys mit 40 Leuten gefeiert." Doch was morgen, Freitag, in ihrem Anwesen in Muffendorf über die Bühne gehen wir, ist von einer lärmenden Fete weit entfernt. Isobel lädt zum "Philosophischen Salon" ein, dem ersten seiner Art in Bad Godesberg. Thesen, Gegenthesen und Begriffserläuterungen also statt Small-Talk und dem Griff in die Chipstüte. Philosophischer Salon: Das klingt ein wenig nach 19. Jahrhundert, als vorwiegend betuchte Damen mit Sinn fürs Schöngeistige sich mit illustren Gästen umgaben, um den Abend mit Gesprächen über Kunst und Literatur zu verbringen. Doch ein Zirkel für wenige Auserwählte soll der Bad Godesberger philosophische Salon nicht werden, ebensowenig eine Bühne für Philosophie-Experten, die sich vor Publikum in Fachgesprächen verzetteln. Eine bunt gemischte Runde wünscht sich die Hausherrin, die aus England stammt und seit 25 Jahren als Lehrerin an der IBIS-Schule auf dem Heiderhof unterrichtet. Schon als junge Frau war sie in London Mitglied einer philosophischen Gruppe. Dort redete man sich beispielsweise über Themen wie "Eigentum" die Köpfe heiß. Und bereits damals spürte sie, dass Philosophie auch für jeden Normalsterblichen interessant sein kann, dass auch ein Handwerker oder eine Krankenschwester zu einer philosophischen Diskussion etwas Bereicherndes beitragen kann. Richtig Feuer für die Philosophie fing Isobel Fost-Ohm dann durch die Besuche des philosophischen Cafés in Bonn. Dort, im Kulturbistro "Pauke", lädt der Philosoph Markus Melchers seit fünf Jahren einmal im Monat zum erkenntnisfördernden Meinungsaustausch. 25 bis 30, manchmal bis zu 60 Leute, zieht es zu dem Termin. Der Student sitzt neben dem Handwerker, die Übersetzerin neben der Krankenschwester, die Hausfrau neben dem Rentner. "Die Mischung macht's", so Frost-Ohm. Manchmal werde auch herzhaft gelacht. In Deutschland komme man normalerweise nicht so leicht miteinander ins Gespräch, beim philosophischen Café sei das allerdings anders, "das ist wie in einem englischen Pub". "Jeder nimmt was mit, jeder fühlt sich mit seiner Meinung akzeptiert, niemand blamiert sich", so die Erfahrung von Isobel Fost-Ohm. "Bereichert" fühlte sie sich nach einer Diskussion zum Thema "Sehnsucht", "kontrovers" stritt man sich über die Frage "Welche Bildung braucht der Mensch?". Eine vergleichbare Atmosphäre wünscht sich Frost-Ohm auch für den Godesberger philosophischen Salon, den ebenfalls Markus Melchers moderieren wird. Der ist selbstständiger Philosoph, schreibt Bücher, hält Vorträge und bietet "philosophische Hausbesuche" an. "Sinn auf Rädern" nennt er das. Als allwissender Experte will er aber nicht auftreten: "Ich habe bei solchen Gesprächen nicht das letzte Wort, ich bin nicht der lebende Theorieautomat." Praktische Philosophie nennt er sein Tun, für manchen der Teilnehmer wird es zur Lebenshilfe. Jede der auf zwei Sunden begrenzten Diskussionsrunden bringt der Philosoph mit drei Zitaten in Gang, "zwei seriösen und einem unseriösen." Letzteres kann ein Werbespruch der Telekom oder ein satirisches Gedicht von Robert Gernhardt sein. Dann geht es sogleich zur Sache. Auf eine Vorstellungsrunde wird bewusst verzichtet. Und es ist auch kein Problem, das weiß Isobel Frost-Ohm aus eigener Erfahrung, wenn man "nur da sitzt und zuhört." Der erste Godesberger philosophische Salon wird sich dem Thema "Das Glück" widmen. Morgen Abend wird der Salon um 19.30 Uhr im Hause Frost-Ohm, Am Gäßchen 24, eröffnet. Wer dabei sein will, ist herzlich eingeladen. Der Eintritt kostet vier Euro.
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