Sinn auf Rädern. Markus Melchers philosophiert auf Hausbesuch; General-Anzeiger Bonn vom 10.04.2001 |
Was wird ein Philosoph außer nachdenklich? Professor, Lehrer, Journalist, oft aber nur Bulettenbrater oder Taxifahrer. Dagegen Gesprächspartner auf Hausbesuch und Moderator im Café-Diskurs, das klingt interessant. Ist lebhafter, näher am realen Leben als die Hochschulphilosophie. Und genau das schätzt Markus Melchers an seinem Beruf.
Studiert hat er in Bonn, weil dort seinerzeit Kants Idealismus das Denken und die Lehre prägte. "Nur praktische Probleme kamen zu kurz", sagt Melchers. So machte er sich 1998 selbstständig: www-sinn-auf-rädern.de, ein Angebot zur privaten Beratung. "Die erste philosophische Praxis eröffnete 1981, heute gibt es in Deutschland rund 60. Aber ich wollte klar stellen, nicht Therapie oder gar Audienz, sondern das persönliche, gleichberechtigte Gespräch zu bieten. Darum habe ich keine Klienten oder Patienten, sondern besuche Gastgeber."
Was haben die davon? "Meist fühlen sie sich erleichtert, zum großen Teil, schon weil ich ihrem Denken traue." Denn über den Sinn des Lebens zu diskutieren statt über Jauch oder Job, Schröder oder das Wetter - dafür fehlen vielen Menschen die Gesprächspartner. Psychosekten und Esoteriker verabreichen Lebenshilfe und Orientierung nur in einer Richtung. Melchers sagt dagegen: "Ich verspreche keine Lösungen. Ich frage nach, stelle dar, was die Philosophie zum jeweiligen Problem meines Gastgebers schon gesagt hat, erörtere mit ihm die Positionen. Was ich lehre, ist eigentlich Sortieren, Sich-Zurecht-Finden." Melchers bespricht Schuldgefühle, auch theoretische Probleme und, immer wieder, die Suche nach dem Glück. Und oft Fragen wie: Kann ich meine Vergangenheit richtig denken? Bin ich als Tochter meiner Mutter verpflichtet? Habe ich richtig gelebt?
Der bewegte Philosoph Melchers moderiert auch größere Gespräche und gründete, zum freien Austausch über je ein festes Thema, ein Philosophisches Café. Jeden dritten Freitag im Monat treffen sich zumeist rund 25 Interessierte, vom Gärtner bis zum Verwaltungsangestellten. Der Eintritt ist frei, am Ende geht ein Klingelbeutel herum. "Wir hatten schon mehr als 30 Veranstaltungen. Seit einem Jahr erstelle ich dazu Leselisten", berichtet Melchers. Zu seiner Freude entstand sogar ein Freundeskreis, für den er die Zeitschrift "ÜberSetzung" herausgibt. Das nächste Philosophische Café behandelt am Freitag, 20. April, um 20 Uhr im Kultur-Bistro Pauke -Life-, Endenicher Straße 43, "Die Würde des Menschen". Michael Peter Steffen
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