Markus Melchers war in Hachenburg. Der philosophische Praktiker, der seine Praxis überall dort hat, wo Menschen ihn „brauchen“ – er fährt mit dem Fahrrad oder der Bahn zu ihnen hin – hatte einen philosophischen Salon angekündigt mit dem Thema „Was ist Glück?“. Mehr aus beruflichem Interesse (was geschieht in der Nachbarschaft) als aus Neigung, fuhr ich hin. Ich traf viele Bekannte, Menschen die auch zu uns kommen, nicht wenige aus Bad Marienberg… Das Café quoll über von Interessierten. Und meine Ängste schlugen voll durch: „Oh Gott, was wird das geben? Wie viel Selbstdarsteller, wie viel Dauerredner… Aber meine Befürchtungen waren überflüssig, das Publikum, von Melchers verpflichtet sich per Handaufheben zu melden, war äußerst diszipliniert, ein gutes Publikum. Die Art, wie Melchers die Veranstaltung aufzog, daran gibt es nichts auszusetzen, sehr gut! Trotzdem störte mich die ganze Zeit etwas, über das ich mir am heutigen Morgen versuchte klar zu werden. Zunächst wurde nur von individuellen Glücksgefühlen geredet – die natürlich sehr unterschiedlich sind. Schwierig war, dass der Begriff des Glücks nicht eindeutig ist. Er ist nicht zu vergleichen mit Stuhl oder Hitze (hier kann man sich noch einigen: ab 28 Grad nennen wir es Hitze). Glück ist ungefähr so wie Freiheit? Nein, auch bei Freiheit kann man sich auf gewisse Merkmale festlegen. Aber Glück? Der Sonnenuntergang ist es ja nicht, sondern was der Einzelne dabei empfindet. Andere fragen nur: „Na und, sie geht doch täglich unter“. Genau so geht es mit der Musik oder mit dem geglückten Werk (was m. M. nach zu wenig angesprochen wurde).
Als Melchers dann noch das „glückselige Leben“ einführte, war die Verwirrung komplett. Ich hatte das Gefühl, was damit gemeint war (und für einige wenige Menschen immer noch ist), kann man einem breiten Publikum nicht mehr vermitteln. Alles blieb schwammig. Erschwerend war auch, dass man, um über solche „schwierigen“ Begriffe nachzudenken, Zeit braucht – einen Schlagabtausch hält dieses Thema nicht aus, dazu braucht man eine neue Denkkultur, Langsamkeit. Am Ende wusste man nur: Es gibt individuelles Glück und eine Glückseligkeit. Kann man mehr erwarten von einem solchen Abend – der dennoch lohnend war, denn ich denke ja jetzt nach – und sicher auch andere Menschen die gestern dabei waren tun genau das! Ich habe heute morgen für mich das Resümee gezogen: Nach Glückseligkeit sollte man streben und sie erlangt man , durch ein erfülltes Leben. Ein erfülltes Leben ist immer ein moralisches Leben, auf das man gern zurück schaut. Um ein solches Leben sollte man sich immer noch bemühen, das ist nicht unmodern: Ein Leben nicht nur der Oberflächlichkeit, ein Leben das Gehalt (in welcher Form auch immer) hat. Dazu ge-hören für mich „die anderen“, das hole ich nicht aus mir (alleine) heraus. Esoterische Selbstzufriedenheit halte ich für kontra produktiv. Sich finden? Man findet sich nur in den anderen. Und Glück? Die erste Bedingung ist Zufriedenheit, das ist das Fundament für Glücksmomente. Und um Zufriedenheit kann man sich bemühen – insofern kann man Glück (ein wenig) be-einflussen. (Aber mehr kann man nicht tun, mehr kann man sich m. M. nach nur einbilden). Und dann kommen diese Glücksmomente – die sich von der (sicher mit Unterbrechungen) länger oder gar dauernd anhaltenden Glückseligkeit - unterscheiden. Sie kommen ungerufen, zumeist wenn man ein wenig selbstvergessen ist. (Barbara Abigt) |