Kollektives
Kopfzerbrechen im Neuen Galerie Café und Entscheidungshilfen auf dem Sofa
Von unserem Mitarbeiter Matthias Budde
Hachenburg. Ob beim Philosophischen Abend oder zu Hause auf der Couch – der studierte
Philosoph Markus Melchers aus Bonn liefert „Sinn auf Rädern“. Philosophischer
Praktiker gibt er als Berufsbezeichnung an. Er sucht die Schnittstellen
zwischen philosophischer Wissenschaft und dem praktischen Leben. Melchers bietet
Menschen in Krisen- oder Lebenswendezeiten Entscheidungshilfen an, indem er
Erkenntnisse liefert. Die Kunden oder Gastgeber, wie Melchers sie nennt,
erfahren, auf welche Weise verschiedene Philosophenschulen das anstehende Problem
bereits gedanklich ausgeleuchtet haben; Denkprozesse kommen in Gang, neue
Perspektiven tun sich auf, Lösungskompetenz wird gestärkt.
Bei den philosophischen Salons, die er veranstaltet, denkt er gemeinsam mit den
Teilnehmern zwei Stunden lang über ein vorgegebenes Thema nach. Zum 16. Mal war
das Neue-Galerié-Cafe in Hachenburg Schauplatz dieses kollektiven
Kopfzerbrechens, diesmal zum Thema „Treue und Verrat“. Melchers hält keinen
Vortrag, präsentiert kein vorgedachtes Denken. Mit drei kurzen, zum Teil
provokanten Zitaten steigt er ins Thema ein, sammelt und moderiert die Beiträge
der Teilnehmer und ordnet diese von Zeit zu Zeit zusammenfassend in philosophische
Denkhorizonte ein. So entsteht allmählich ein methodisch strukturiertes Gewebe
aus Fragen, Gedanken und philosophischer Information, getragen von Interesse,
Klugheit und Spontaneität der Mitdenker.
Der Denkprozess ist ergebnisoffen und voller Überraschungen, die, auch den
immer bestens vorbereiteten Melchers, häufig in Erstaunen versetzen. Im Vordergrund
steht das aufeinander Bezug nehmende, philosophische Diskutieren. Dazu gehört
auch, die eigene Meinung von einer philosophischen These unterscheiden zu
können. Der philosophische Salon bietet keinen Raum für Selbstdarstellung. „Es
hat sich eine Atmosphäre konzentrierter, auf freundlichem Umgang miteinander
beruhender Gesprächskultur herausgebildet“, sagt auch Annesuse Ganseforth vom
Galerie-Café.
Markus Melchers hat auch nicht die Macht des letzten Wortes. Mit zwei knackigen
Zitaten schließt er pünktlich nach zwei Stunden den Salon. Zum Thema Treue
nennt er Ambrose Bierce: „Treue ist die Tugend derer, die alsbald betrogen
werden.“ Im philosophischen Salon hingegen geht es um die Suche nach Wahrheit,
und die wird weitergehen.
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