Kreis Heinsberg. „In Würde sterben – Sterbehilfe erlauben oder nicht?“ lautete das Thema einer Podiumsdiskussion in der evangelischen Christuskirche in Heinsberg. Die Kirchengemeinde mit
Kirchengemeinde mit Pfarrer Sebastian Walde hatte zusammen mit der Moderatorin Elke Bennetreu, der Leiterin der Erwachsenenbildung des Kirchenkreises Jülich, Experten aus der Hospizbetreuung, der Palliativmedizin, der Philosophie, der Theologie und des Rechts eingeladen.
Vor großem Publikum nahmen die Mediziner, Theologen, Philosophen und Juristen Stellung zu den aktuellen Fragen am Ende des Lebens: „Wie kann ich in Würde sterben? Wer hilft mir und steht mir bei? Was kann ich tun? Was darf getan werden?“
Der Vorsitzende des Wassenberger Hospizvereins Regenbogen, Pfarrer Dr. Titus Reinmuth, betonte, dass das Loslassen für den Sterbenden wie für die Angehörigen schwerfalle. Da sei die begleitende Hospizarbeit der Sterbe- und Trauerbegleitung eine mögliche Antwort auf die Frage, was der Mensch am Ende brauche, „um sich seines Todes wieder sicher sein zu können“. Am Ende müsse die Sicherheit bestehen: „Ich darf gehen.“ Und seitens der Angehörigen: „Du darfst gehen.“
Dr. Hans-Georg Troschke, Chefarzt der Anästhesie und einer der Leiter der Palliativstation im Heinsberger Krankenhaus, ließ die Entwicklung vom früher einsamen Sterben bis zur heutigen Palliativmedizin als eine auf den Patienten orientierte Behandlung mit geändertem Ziel Revue passieren. So sei die Palliativstation keine Sterbeabteilung, sondern die Orientierung von der reinen Lebenserhaltung zur Linderung von Leiden. Dies bedeute Verbesserung der Lebensqualität auch im letzten Lebensabschnitt. Zur Behandlungsbandbreite gehöre die Sedierung, die medikamentöse Wegnahme des Bewusstseins, als Möglichkeit der Schmerzlinderung.
Klaus H. Längler, der ärztliche Leiter des Regionalen Schmerz- und Palliativzentrums in Wegberg, meinte, dass heute auch im Krankenhaus der Mensch human sterben könne. Die Vernetzung der Ärzte, wie sie die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) praktiziere, sei die notwendige Antwort auf den großen Bedarf nach ärztlicher Betreuung am Lebensende. Die Schmerzbehandlung sei innerhalb der Hospizarbeit Beihilfe zum Leben, und die flächendeckende schmerzmedizinische Versorgung sei notwendig, um die schmerzmedizinischen Erkenntnisse in der Versorgung umzusetzen.
Markus Melchers, Philosoph und Ethikreferent der Akademie für Palliativmedizin, stellte heraus, dass auch heute noch die moralische Unsicherheit bei allen Betroffenen erkennbar bleibe. Das grundlegende Spannungsverhältnis von Moral und Recht bestehe weiter und stelle jeden vor die Frage, an wem man sich orientieren wolle: am Mediziner, am Philosophen oder Theologen, am Juristen? Das Gespräch mit dem Lebenspartner, Vereinbarungen und Klarheit mit der Familie und Freunden über das eigene Sterben seien wesentliche Bestandteile für ein würdiges Sterben.
Für Rechtsklarheit sorgte Prof. Dr. Wolfram Höfling, Direktor des Instituts für Staatsrecht an der Uni Köln und Mitglied des Deutschen Ethikrates. „Der Patientenwille ist verbindlich, sofern dieser nachprüfbar festgehalten ist. Dies ist bei einer Patientenverfügung der Fall.“ Wenn selbstbestimmt festgelegt worden sei, was zu unterlassen, zu begrenzen oder zu beenden sei, dann gründe dieses Recht zu sterben auf dem Patientenverfügungsgesetz. Direkte Sterbehilfe sei in Deutschland verboten, Tötung auf Verlangen sei strafbewehrt. Beihilfe zur Selbsttötung sei straffrei, den Einsatz des Mittels müsse aber der Sterbewillige selber vornehmen. Der Begriff der Tatherrschaft beschreibe diesen Aspekt. Ärzten verbiete das Standesrecht eine solche Beihilfe. Davon zu unterscheiden sei die palliative Therapie am Lebensende. Passive Sterbehilfe bedeute, natürliches Sterben zuzulassen, sofern dies auch dem Patientenwillen entspreche.
Volker Leisten, Beisitzer der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) plädierte dafür, dass jeder selbstbestimmt den Umgang mit dem Lebensende festhalten können müsse. In dieser Wahlfreiheit seien alle Möglichkeiten zu erhalten, die gesetzlich erlaubt seien. Die DGHS berate und begleite den Menschen dabei.
Alle Podiumsteilnehmer plädierten dafür, dass Menschen ihre Vorstellung vom Lebensende in Form einer Patientenverfügung festhalten sollten. Ein Notar sei dafür nicht notwendig. Jedoch sollten Familie oder Freunde davon Kenntnis haben. Vorsorgevollmachten, in denen eine Person bestimmt werde, die den Ärzten den Patientenwillen darstelle, wenn der Patient dazu nicht mehr in der Lage sei, seien notwendige Ergänzungen.
jwb
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