Putzmythen. F.A.Z. Hochschulanzeiger, März 2003 |
... Der Mythos: Dreck versteckt sich bis in die letzten Ecken. Der Eigenversuch: Drei Orte wähle ich aus, die eindeutig unter die Kategorie "letzte Ecken" fallen: Den Hohlraum hinter meinem Kühlschrank, das Innere des Wohnzimmerlampenschirms und das große Schlüsselloch der Schlafzimmertür. Hinter dem Kühlschrank, den ich abrücken muß, finde ich, eingebettet in dicke Staubfusseln, eine Heftzwecke und eine Anleitung von einem Überraschungsei. Im Lampenschirm hingegen sieht es ganz manierlich aus. Eine Mücke liegt verendet in der gläsernen Kugel - ansonsten ist lediglich eine kleine Staubschicht auszumachen. Im Schlüsselloch ist kaum etwas zu erkennen. Ich hole meine Taschenlampe aus dem Regal und leuchte bis in die Tiefen des eisernen Lochs. Doch auch bei noch so penibler Kontrolle - ohne Nachtsichtgerät oder Mikroskop kann man in diesem Fall nicht von Schmutz sprechen. Der Experte: "Sich verstecken ist eine aktive Handlung, mit der etwas bezweckt wird. Grundvoraussetzung dafür ist entweder die Fähigkeit zum Nachdenken oder aber ein Instinkt. Da Dreck jedoch unbelebte Materie ist, kann er sich nicht verstecken. Neben dieser objektiven Bewußtseinsebene gibt es jedoch auch noch die Ebene der Wahrnehmung, von der aus man die Problematik betrachten kann. Hier gilt das hermeneutische Prinzip, welches besagt, daß so, wie ich in die Welt hineinschaue, sie mich ebenfalls anschaut. Sprich: Wenn ich Dreck suche, werde ich auch Dreck finden!" Markus Melchers, philosophischer Praktiker, www.sinn-auf-raedern.de, Bonn Versuchsanordnung, -durchführung und Expertenbefragung: Christoph Koch Hochschulanzeiger 65 | 2003 | |