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"Sinn auf Rädern" legt ein scharfes Tempo vor, Neue Deister Zeitung vom 29.10.2004
Klostergespräch mit Markus Melchers über die „gute, alte Zeit" - Wertedebatte verkommt zu bloßen Standortdebatte
Wülfinghausen (hu). Philosophenbesuch beim Klostergespräch: Seit 1998 ist der Bonner Philosoph Markus Melchers mit seiner Praxis „Sinn auf Rädern" auf Tour durch die Republik. Jetzt machte der Geisteswissenschaftler im Kloster Wülfinghausen Station.

Er wolle „Denken schenken", verriet er über sich selbst, arbeite als eine Art „philosophische Ambulanz" und siedele seine Tätigkeit irgendwo zwischen Seelsorge und Psychotherapie an. Sein „philosophisches Cafe" in Bonn hat mittlerweile zahlreiche Ableger gezeitigt.

Rund 50 Gäste waren gekommen, um den Vortrag des 41-Jährigen zum Thema „Früher war alles besser! - Werte im Wandel" zu hören. Was sie geboten bekamen, war eine präzise, kompakte Tour durch die Philosophiegeschichte, bei der der Referent sich der Gefahr stark abstrahierender Formulierungen nicht immer entziehen konnte. Zudem schlug er infolge des Zeitmangels ein scharfes Tempo an. Dennoch trafen seine Feststellungen offenbar den Nerv der Zuhörer.
Die Wiederbelebung vermeintlich verloren gegangener Werte aus einer angeblich guten, alten Zeit gehe ins Leere. Zumal mit der Beschwörung traditioneller Werte in politischen Debatten oft nur effizientere Ausbil-
dung und nicht umfassende Persönlichkeitsbildung beabsichtigt sei. Die Wertedebatte verkomme zur bloßen Standortdebatte. „Wir erleben und erfahren die zunehmende Unübersichtlichkeit von Handlungszusammenhängen", so Melchers.

Fundamentalistische Strömungen suchten das Heil der absoluten Gewissheit durch militanten Ausstieg und irrationales Beharren aufantiaufklärerischen und anti-modernistischen Ideologiegebäuden. „Wir sind von Werteangeboten umstellt", konstatierte Melchers. Mit jedem Produkt erwerbe der Käufer ei-nen dem jeweiligen Lifestyle angepassten Wert. Nur Besinnung auf gelebte Demokratie ermögliche eine aktive und kreative Auseinandersetzung mit Wertfragen. Die aber gebe es nicht umsonst. Sie müsse stets neu erarbeitet werden.

      © Sinn auf Rädern/BelKom