Macht Sie das Radfahren glücklich?; Rückenwind 2003, Nr.3 |
Johannes Müller sprach mit Bonns Fahrrad-Philosophen. "Nein", antwortet Markus Melchers spontan, "für mich ist das Rad ein ganz normaler Alltags- Gegenstand, den ich benutze, um in der Stadt mobil zu sein." Herr Melchers, 40, studierte in Bonn die älteste der Wissenschaften und bietet seit 1998 die erworbenen Kenntnisse im Form von Hausbesuchen mit Gesprächen über philosophische Themen an. Daneben lädt er monatlich zum 'Philosophischen Café' in der Pauke ein (Endenicher Straße 43, Eintritt frei), wo Menschen wie du und ich mit ihm Themen wie "Lüge und Heuchelei" oder "Ich arbeite, also bin ich" diskutieren.
Markus Melchers entspricht so gar nicht meiner Vorstellungen von einem klassischen Weisen mit schwarzem Rock und langem weißem Bart. Er trägt kurze Hosen, T-Shirt und Sandalen, lächelt oft und plaudert entspannt mit mir über seine Idee von praktischer Philosophie für Jedermann und der Rolle des Fahrrades für die heutige Gesellschaft und ihn ganz persönlich. Den Titel 'Fahrrad-Philosoph' verlieh ihm die Presse, weil er zu fast all seinen Terminen mit dem Fahrrad anreist: "Bis Honnef brauche mit dem Rad 40 Minuten, aber für Termine weiter außerhalb Bonns nehme ich Bus und Bahn", lässt er mich wissen, "ich kann meinen Kunden ja schließlich auch nicht nass geschwitzt gegenübertreten."
Der Altstadtbewohner hat zwar aus Überzeugung nie einen Führerschein gemacht, gleichzeitig aber durchaus Verständnis für Autofahrer. Nur dem Mythos von der großen Freiheit und Individualität hinter dem Lenkrad mag er nicht recht glauben. Dabei scheint ihm, als seien viele Autofahrer, wenn man Ihnen die Vorzüge des 'ungebundenen Radfahrens' näher bringen möchte, von "großer Vergesslichkeit"! Sind sie erst wieder zu Hause, verschwinden die ärgerlichen Staus, die hektische Parkplatzsuche und die vielen roten Ampeln ganz schnell aus dem Bewusstsein - dem gegenüber erscheine das Fahrrad dann zu anstrengend und käme bei vielen höchstens als ein Wochenend- und Freizeitgerät in Frage.
Ich möchte wissen, was ihn persönlich als Radfahrer ärgert: "Na, da gibt es schon einiges: Autofahrer, die Radler nur allzu oft beim Abbiegen übersehen, die Radstreifen zum Parken missbrauchen usw." Ich merke schnell: Der Philosoph hat die gleichen Probleme wie wir alle! Aber auch unter den Radfahrern nähmen sich einige zu viele Freiheiten heraus, fährt er fort, als Beispiel nennt er die gegenüber Autofahrern bemerkenswert laxe Befolgung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Wenn in der Fußgängerzone das Fahren verboten ist, hat man sich daran zu halten, dasselbe gilt für rote Ampeln oder eine funktionierende Fahrrad-Beleuchtung bei Dunkelheit.
Überhaupt ist er beim Thema 'Verkehrsregeln' ganz konsequent. Was in einer Gesellschaft mit demokratischen Mitteln vereinbart wurde, das ist verbindlich und unbedingt einzuhalten (solange keine 'konkurrierende Maxime' die erste außer Kraft setzt wie etwa ein Notfall)! Das Gerede von der berühmten Ausnahme jeder Regel sei schlichter Unsinn. Beispielhaft nannte Melchers die Inlineskater und deren Weigerung, die ihnen zugewiesenen Wege zu benutzen. Wem die im gesellschaftlichen Konsens gefundenen Vereinbarungen nicht passen, der solle sich der demokratisch legitimierten politischen Wege bedienen, um eine Änderung herbeizuführen.
Sind Sie neugierig geworden auf unseren Bonner 'Fahrrad-Philosophen'? Dann besuchen Sie doch mal seine Website www.sinn-auf-raedern.de oder das 'Philosophische Café'. |