Bonner Philosoph bietet Lebensberatung auf Rädern; Deutsche Presse-Agentur (April 2004) |
Bonn (dpa/lnw) - Philosophie gilt bislang eher als etwas verstaubte Wissenschaft und nicht als praktisch anwendbare Lebenshilfe. Genau das aber bietet der «ambulante Philosoph» Markus Melchers (41) in Bonn mit seinem Projekt «Sinn auf Rädern». Dabei erteilt er keine psychologische Therapie, sondern gibt konkrete und praxisnahe Lebensberatung für jedermann. Offenbar schließt der «praktizierende Philosoph» auch eine Marktlücke. Menschen, die einerseits in Diskussionen mit Freunden oder Familie keine Antworten auf bestimmte Probleme finden, andererseits aber auch keine psychologische Beratung benötigen, bekommen bei Melchers die Möglichkeit sich mit ihren Fragen an einen Profi zu wenden. Zu zwei Dritteln sind es Frauen, die ihn kontaktieren. Die «Gastgeber», wie Melchers seine Kunden nennt, sind immer über 30 Jahre und kommen aus jeder sozialen Schicht. Für fünfzig Euro die Stunde macht er sich auf den Weg. «Anlass können konkrete Lebensprobleme, wie Berufs- oder Partnerschaftsentscheidungen, aber auch allgemeine Sinnfragen», erläutert Melchers. «Das Philosophieren ist leider in unserer heutigen Gesellschaft fast vollständig verloren gegangen», erklärt Melchers, der Philosophie, Religionswissenschaft und Geschichte studiert hat.Früher sei es alltäglich gewesen, Themen auf öffentlichen Plätzen mit vielen Menschen zu diskutieren und dadurch verschiedene Meinungen und Ansichten zu hören. Das sei die eigentliche Aufgabe der Philosophie. «Ich therapiere nicht, ich berate. Ich eröffne neue Einsichten, indem ich mit meinen Gastgebern diskutiere und versuche ihnen eine andere Sicht der Dinge zu ermöglichen», erläutert Melchers. Damit könnte er zur Konkurrenz der klassischen psychologischen Beratung werden. Der Leiter der Psychosomatischen Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf, Professor Wolfgang Tress, sieht hierin jedoch kein Problem. «Solange ein Philosoph auf seinem Gebiet bleibt und nicht beginnt psychische Störungen therapieren zu wollen, ist philosophische Beratung durchaus sinnvoll. Psychologen selbst täten gut daran sich mit der Wissenschaft Philosophie, aus der die Psychologie hervorgegangen ist, auseinander zu set-zen.» Das sieht auch Melchers so: «Ich stehe nicht in Konkurrenz zur Psychologie, das ist ein vollkommen anderes Gebiet. Etwa 80 Prozent meiner Gastgeber haben bereits psychotherapeutische Erfahrungen hinter sich und kommen zu mir, weil sie nach etwas anderem suchen». Leuten, die seine Arbeit mit der eines Therapeuten verwechseln, sagt Melchers ab. Denn bei ihm gehe es um freiwillige und meist sehr viel freiere Gespräche, die kein Mängelbild des Einzelnen voraussetzten, sondern ihn so nehmen, wie er ist. Mittlerweile kann Melchers gut leben von seiner Idee. Etwa 10 bis 14 Anfragen hat er pro Monat. «Man muss aber dazu bereit sein viel Zeit zu investieren, denn feste Arbeitszeiten gibt es nicht», erklärt er. Die «Gastgeber» jedenfalls sind zufrieden. «Auch in anderen Bereichen wende ich mich als Laie an einen Fachmann, warum dann nicht ebenso wenn ich nach philosophischen Antworten suche?», sagt ein 49-jähriger Mann, der Melchers regelmäßig kontaktiert. (Saskia Kraemer) |