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Café Philosophique in Koblenz: "Philosophie, wat bringt dat dann?", Rheinzeitung vom 28.10.2008

Koblenz. Sokrates´ Traum wurde Wirklichkeit: Im "Café Philosophique" diskutieren nicht nur ein paar Eingeweihte fernab der Lebensrealität, hier kann jeder mitreden.

Am Sonntag tagt das Koblenzer Café nun schon zum 100. Mal. Das Thema lautet pointiert: "Philosophie, wat bringt dat dann?".

Sie sind eine Kreuzung aus Lebenshilfe und anregender geistiger Unterhaltung: die "Cafés Philosophiques", die sich seit 1992 rund um den Globus in verschiedenen Städten formierten. Foren, in denen es nicht um Hochschulphilosophie, sondern um Philosophie auf breiter Basis ging und geht. Angestoßen wurde dies durch das "Café Philosophique", das der französische Philosoph Marc Sautet im Café des Phares an der Place de la Bastille in Paris installierte. Um das zu verwirklichen, wovon einst schon Sokrates träumte: aus dem Philosophieren kein einsames Erlebnis im Elfenbeinturm, sondern ein kommunikatives Ereignis für alle zu machen.

Acht Jahre später, im August 2000, gab"s auch in Koblenz erstmals Gelegenheit für Interessierte, jeweils am ersten Sonntag im Monat zwei Stunden lang in lockerem Rahmen über philosophische Themen zu diskutieren. Jetzt, am 2. November, 16 bis 18 Uhr, steht das 100. "Café Philosophique" im Konradhaus an - und das Interesse daran beschränkt sich keinesfalls nur auf ein Häufchen weniger Aufrechter. "Natürlich haben wir Schwankungen bei den Besucher-zahlen", meint Dr. Hartmut Bierschenk, der mit dem Lahn- steiner Philosophen Dr. Mathias Jung zu den Initiatoren des philosophischen "Kaffeekränzchens" in Koblenz gehörte, "aber 20, 30 Leute kommen mindestens. Und dann gibt es wieder Veranstaltungen, zu denen 50 bis 70 Teilnehmer kommen." Das hänge, meint Bierschenk, natürlich auch vom gewählten The-ma und von dem Referenten ab, der das Gespräch in Gang bringt und moderiert.

"Das ,Café Philosophique‘ lebt aber grundsätzlich von den Beiträgen der Teilnehmer, die keinen akademischen Abschluss brauchen, sondern nur interessiert sein müssen an allen Phänomenen des Lebens und daran, über ihre eigenen Erfahrungen zu sprechen", meint Dr. Hartmut Bierschenk. Aufgabe der "Berufsphilosophen" sei hauptsächlich, zu verhindern, dass aus dem Gespräch Geschwätz oder Laberei werde.

Gleich das erste "Café Philosophique" im Ehrenbreitsteiner Konradhaus kreiste um Grundsätzliches, um das Thema "Glück". Bei anderen Gelegenheiten ging´s beispielsweise um "Liebe und Hass", "Alter und Altern", "Mythen und Helden", "Obszönität", "Zärtlichkeit", "Neid", "Willensschwäche" oder "Zivilcourage". Themen, die jeder vorschlagen kann und die manchmal auch in der Luft liegen und einen aktuellen Anlass haben.

"Eigentlich müssten wir jetzt zum Beispiel mal über Ethik und Wirtschaft diskutieren", überlegt Bierschenk.
In den acht Jahren seit Beginn hat sich eine feste Gruppe von Philosophen herauskristallisiert, die das "Café Philosophique" abwechselnd moderieren. "Jeder hat sein eigenes Profil und bringt auch seine eigene Fangemeinde mit zur Veranstaltung." Die meisten sind seit dem Start mit am Werk: Birgit Baumann, die an verschiedenen Schulen in Europa unterrichtete und seit einem Jahr auch Privatunterricht in Sachen Philosophie erteilt; Dr. Mathias Jung vom Dr.-Bruker-Haus in Lahnstein, überregional geschätzt wegen seiner Vorträge und Bücher über philosophische Themen und Lebensfragen; Dr. Andreas Michel, Koblenzer Philosoph und Zauberer und als solcher als Andino bekannt; Markus Melchers, Inhaber einer bundesweit a-gierenden philosophischen Praxis in Bonn, und Dr. Eduard Zwierlein, Lehrbeauftragter an der Universität Koblenz-Landau, an der er sich 2000 habilitierte.

Am 100. "Café Philosophique" diskutieren gleich alle fünf unter der Gesprächsleitung von Prof. Dr. Jürgen Hardeck, Philosoph und Geschäftsführer des Kultursommers Rheinland-Pfalz, über ein Thema, das wahrscheinlich immer noch manchem auf der Zunge liegt, wenn er das Wort "Philosophie" hört: "Philosophie, wat bringt dat dann?" Zündstoff genug, sodass frau und man auf die Antworten gespannt sein darf.
                                                                                                               Lieselotte Sauer-Kaulbach

      © Sinn auf Rädern/BelKom