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Es geht nicht ums Rechthaben; General-Anzeiger Bonn vom 22. und 23.Juli 2006
GESPRÄCHSKREIS  In Rheinbach treffen sich Menschen, um über philosophische Fragen zu diskutieren
Von Julia Sudmann
RHEINBACH Nur ein einziges Wort ist genug, um eine lebhafte Diskussion zu entfachen - solange es nur ein starker Begriff ist. "Selbstbewusstsein" ist so ein bedeutsames und facettenreiches Wort, das viel Raum für Interpretationen, Gedankenspiele und Thesen lässt. Daher entwickelte sich unter den zwölf Teilnehmern des philosophischen Gesprächskreises in Rheinbach ein reger Austausch. Wie jedes Mal, wenn die philosophisch interessierten Menschen im Pfarrzentrum zusammenkommen.
"Es wird mit eingestandener Subjektivität diskutiert", erklärt Markus Melchers, der die Runde leitet. Jeder Teilnehmer argumentiert aus seiner eigenen, teils sehr persönlichen Position heraus. Und das ist auch so gewollt, denn es geht nicht um richtig oder falsch. "Es geht vielmehr darum, am Ende mit einem Erkenntnisgewinn nach Hause zu gehen", sagt Melchers, der in Bonn das Philosophische Café leitet und unter dem Motto "Sinn auf Rädern" dorthin fährt, wo ein philosophischer Diskurs gewünscht wird.
Die Runde in Rheinbach entstand Ende 2001 aus dem immer noch existierenden Themenorientierten Gesprächskreis für Frauen ab 50. Dessen Leiterin Eva Danielshatte Melchers in Bonn erlebt und in die Glasstadt eingeladen.
Schnell wurde daraus eine feste Institution: Der Kreis mit bis zu 22 Teilnehmern trifft sich fast jeden Monat und ist für alle Interessenten offen. Dennoch sind es meist Frauen und einige Männer über 50, die sich im Pfarrzentrum am Lindenplatz einfinden. "Vielleicht hat es auch mit unserem Alter zu tun, dass man sich mehr für philosophische Themen interessiert", vermutet Eva Daniels.
Die 71-Jährige schätzt das Angebot ebenso wie ihre Mitstreiterinnen sehr und freut sich, dass die Gespräche auch für Melchers eine Herausforderung darstellen. "Philosophen haben ja auch nicht auf alles eine Antwort", bemerkt sie schmunzelnd.
An diesem Tag zeigte sich wieder einmal, dass die Philosophie von Rede und Widerrede lebt. Schon an der Definition des Begriffes "Selbstbewusstsein" schieden sich die Geister.
Für die einen ist dieses ein Stück weit angeboren, andere sehen es als Produkt eines langen Prozesses. Während die einen es mit Selbstsicherheit gleichsetzen, sehen andere es mehr als die Beziehung zu sich selbst.
Und auch bei der Begründung ihrer Thesen gingen die Teilnehmer sehr unterschiedlich ans Werk: Argumentieren die einen vorwiegend aus eigener Erfahrung, zogen die anderen gern große Philosophen zu Rate.
Drei von ihnen hatte Melchers zu Beginn zitiert - ein Mittel, mit dem die Gruppe jedes Mal in die Diskussion einsteigt. Wichtige Grundregel: Jeder hört jedem zu. Wohl auch deshalb sind langjährige Teilnehmerinnen wie Gudrun Hattwig von der Runde so begeistert. "Es ist immer eine Bereicherung", sagt sie. Und deshalb hat sie auch kaum ein Treffen verpasst.  
      
 


 
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