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Mit Verve und Esprit durch den Abend; General-Anzeiger Bonn vom 09.03.2010

Die Philosophische Bücherschau feiert im Kulturbistro Pauke Premiere. Vorbild ist das Literarische Quartett.
Von Frank Auffenberg


Lächelnd schaute Markus Melchers in den voll besetzten Veranstaltungsraum des Kulturbistros Pauke-Life. „Es klingt ganz so, als ob wir es mit einem interessanten Buch zu tun haben. Ich habe es in einem Rutsch gelesen, versprach mir Spannung, Crime und Sex, habe mich aber nur gelangweilt“, sagte er über Wolfgang Sofskys „Das Buch der Laster“ auf der Premiere der Philosophischen Bücherschau.

In 18 Kapiteln betrachte Sofsky sogenannte Laster von Gleichgültigkeit bis Grausamkeit, so Hans-Joachim Pieper, Dozent für Philosophie an der Uni Bonn. „ich habe gleich im Inhaltsverzeichnis nachgeschaut, ob Langeweile zu Sofkys Lastern gehört“, merkte Melchers süffisant an. Werde es nicht, aber in Kapitel 15 falle das Stichwort Hochmut, konterte Pieper.

Das Format der Philosophischen Bücherschau, die in Zukunft regelmäßig in der Pauke stattfinden soll, orientiert sich am Literarischen Quartett Marcel Reich-Ranickis. Gemeinam mit Pieper, Verleger Thomas Ebers und Birgit Baumann, Mitglied im Prüfungsausschuss für Philosophie an Europäischen Schulen, lud Melchers erstmals zur „Philosophische Bücherschau“ ein.

„Ich habe irgendwann festgestellt, dass es keine Veranstaltung gibt, in der über neue Publikationen des Fachbereichs Philosophie gesprochen wird“, erklärte Melchers, der Ebers, Baumann und Pieper von der Idee erzählte. Sie boten gleich ihre Mitarbeit an. Innerhalb von drei Monaten stand das Konzept. „Bei der Buchauswahl haben wir viel Wert darauf gelegt, dass die Bücher eine gewisse aktuelle Bekanntheit haben“, sagte Pieper. „Wir haben uns recht schnell einigen können. Es werden fünf Bücher besprochen. Insgesamt 1 500 Seiten haben wir vor der Premiere zweimal durchgelesen“, erklärte Baumann.

Neben Sofkys Abhandlung über die „Laster“, setzte sich die Runde mit Thomas Metzingers Arbeit „Der Ego-Tunnel“, Peter Sloterdijks „Du musst dein Leben ändern“ sowie Peter Zudeicks  „Tschüss ihr da oben: Vom baldigen Endes des Kapitalismus“ auseinander. Neben vier Neuerscheinungen soll in jeder Bücherschau auch ein Klassiker beleuchtet werden – dieses Mal war es Friedrich Schillers Abhandlung „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“. „Wir betrachten den Klassiker so, als sei er gerade erschienen“, so Melchers.

Mit Verve und Esprit entführte die Runde ihre Gäste auf eine kurzweilige Reise durch die zeitgenössische Philosophie. Melchers lockte seine Mitmoderatoren mit spitz formulierten Betrachtungen in lebhafte Diskussionen. Während Baumann ihre Ausführungen ebenso bissig wie charmant formuliert, Pieper durch manch scharfzüngigen Kommentar amüsierte, warf Ebers manch quer denkendes Bonmot in die Runde.

Abwechslungsreicher und doch ausgewogener hätte die Zusammenstellung der Diskutanten nicht ausfallen können.
 

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